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Was hat die Genetik mit meiner Prognose zu tun?

Die Prognose einer MDS hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. In den letzten Jahren hat das Verständnis für die Bedeutung der Erbinformationen (Genetik) in Bezug auf MDS stark zugenommen. Es wurden Zusammenhänge zwischen spezifischen genetischen Veränderungen in den erkrankten Zellen und der Entwicklung und Ausprägung einer MDS erkannt. Rund die Hälfte der Betroffenen hat erworbene chromosomale Veränderungen und ca. 80-90 % Genmutationen.

Das Bild zeigt einen DNA-Strang
iStock-157288422_mevans

Chromosomale Veränderung

~Häufigkeit (%)

Prognose

Bemerkung

-5/del(5q)

10–15

Günstig

Ansprechen auf Immunmodulatoren; 68 % erlangen Transfusionsunabhängigkeit

-7/del(7q)

10

Ungünstig

Häufiger bei t-MDS

+8

8

Keine

Über 50 % zeigen myeloproliferative Merkmale bei isolierter Trisomie 8 [23], bei Myeloproliferation erhöhtes Auftreten von ASXL1- und EZH2-Genmutationen

Del(20q)

5

Keine

Überrepräsentation von U2AF1-Genmutation

-Y

5

Keine bis günstig

Männer, assoziiert mit fortgeschrittenem Alter, bei isoliertem Verlust gute Prognose; geringes Risiko einer AML

Komplexer Karyotyp (≥ 3 Veränderungen)

10–15

Ungünstig

 

Tabelle 4: Chromosomale Veränderungen bei MDS
MDS: Myelodysplastische Neoplasie t-MDS: Therapy-Related MDS; del: Deletion; 5q: q-Arm von Chromosom 5; 7q: q-Arm Chromosom 7; -5: Monosomie von Chromosom 5; -7: Monosomie von Chromosom 7; +8: Trisomie von Chromosom 8; -Y: Verlust des Y-Chromosoms; AML: akute myeloische Leukämie.

MDS gehören zu einer Gruppe sehr vielschichtiger Erkrankungen. Daher ist je nach Subtyp und Ausprägung der Verlauf der Erkrankung im Hinblick auf die Entstehung einer AML oder des Gesamtüberlebens sehr unterschiedlich. Neben der Einteilung in die verschiedenen Subtypen wird zwischen Niedrigrisiko-MDS und Hochrisiko-MDS unterschieden. Die Krankheitsaktivität steigt mit zunehmender Anzahl der betroffenen dysplastischen Zelllinien und steigender Anzahl an Blasten, also unreifen Zellen, in Blut und Knochenmark an. Bei den Subtypen ohne Blastenüberschuss (MDS 5q) stehen hauptsächlich die Auswirkungen der einzelnen Zytopenien, also der Mangel an verschiedenen Blutzellen, im Fokus (z. B. Müdigkeit bei Anämie, Blutungen bei einem Mangel an Blutplättchen, Infekte bei einem Mangel an weißen Blutkörperchen). Rund drei Viertel der Betroffenen zählen zu der Gruppe der Niedrigrisiko-MDS, die vergleichsweise langsam voranschreitet. Bei den höhergradigen MDS-Subtypen ist das Risiko der Entwicklung einer AML mit entsprechend eingeschränkter Lebenserwartung deutlich erhöht. Das Risiko kann mithilfe von Prognose-Bewertungssystemen abgeschätzt werden. Die Einteilung in eine Risikogruppe wird auf Basis der Blut- und Knochenmarkbefunde, der Genetik und verschiedener individueller Faktoren wie Alter, Geschlecht oder Begleiterkrankungen berechnet. Es gibt verschiedene Prognosesysteme zur Einschätzung des individuellen Risikos:

Ein älterer Mann lächelt in die Kamera
AdobeStock_238405497_godluz
  • Der WHO-Adapted Prognostic Score (WPSS) berücksichtigt die aktuell gültige WHO-Klassifizierung der Erkrankung, die Beschaffenheit des Chromosomensatzes (Karyotyp) und den Bedarf an Transfusionen bei der Erstdiagnose. Der WPSS kann besonders zuverlässig das Risiko einer AML abschätzen.
  • Mithilfe des IPSS-Bewertungssystems (IPSS: International Prognostic Scoring System) kann die Prognose bei Erstdiagnose einer MDS abgeschätzt werden. Dabei ist zu beachten, dass das individuelle Risiko vor Behandlungsbeginn abgeschätzt werden muss, da andernfalls das Ergebnis verfälscht werden könnte.
  • Der IPSS-Revised (IPSS-R)-Prognose-Score gruppiert die Betroffenen in verschiedene Risikogruppen mit entsprechenden Prognosen (Tabelle 6). Dabei werden der Einfluss der Zytopenien (Hb-Wert und die Anzahl der Blutplättchen und Neutrophilen), die chromosomalen Veränderungen (die zytogenetische Risikogruppe (Tabelle 5)) und der Anteil an unreifen Zellen im Knochenmark mit einbezogen.
  • Seit 2022 gibt es zusätzlich ein neues Bewertungssystem, das sich sehr stark auf molekulare Eigenschaften stützt (IPSS-M für IPSS-Molecular).11 Falls dieser Score für Sie relevant ist, wird Ihr*e behandelnde*r Ärzt*in dies mit Ihnen besprechen.
 
Prognostische Subgruppen Zytogenetische Aberration Zytogenetische Aberration Zytogenetische Aberration

OS

Monate
HR AML
  Einfach Doppelt Komplex    
Sehr günstig

Del(11q)

-Y
    60,8 0,5
Günstig

Normal

Del(5q)

Del(12p)

Del(20q)
Jede mit del(5q)   48,6 1,0
Intermediär

Del(7q)

+8

+19

i(17q)

Jede andere
Jede andere   26 2,2
Ungünstig

-7

inv(3)/t(3q)/del(3q)

-7/del(7q)

und weitere
3 Aberrationen 15,8 3,4
Sehr ungünstig     > 3 Aberrationen 5,9 4,9

Tabelle 5: Zytogenetische Risikoeinteilung der MDS (modifiziert nach [24]).
HR: Hochrisiko; HR AML: AML Hazard-Ratio der Transformation zu einer AML, OS: Gesamtüberleben

Parameter

Scoring-Punkte

 

0

0,5

1,0

1,5

2,0

3,0

4,0

Zytogenetische Risikogruppe [24]

Sehr günstig

-

Gut

-

Intermediär

Ungünstig

Sehr ungünstig

KM-Blasten (%)

≤ 2

-

> 2–< 5

-

5–10

> 10

-

Hb (g/dl)

≥ 10

-

8–< 10

< 8

-

-

-

Thrombozyten (x 109/l)

≥ 100

50–< 100

< 50

-

-

-

-

Neutrophile (x 109/l)

≥ 0,8

< 0,8

-

-

-

-

-

Tabelle 6: Das International Prognostic Scoring System-Revised (IPSS-R).6
Hb: Hämoglobin; KM: Knochenmark

Wichtig:

Die Bestimmung eventuell vorhandener Genmutationen in den erkrankten Zellen ist wichtig für die Risikoeinteilung und die künftige Therapieplanung und sollte standardmäßig in die Diagnostik mit einfließen.

Die Grafik zeigt ein Fragezeichen und Ausrufezeichen in einer Sprechblase
Novartis

Quellen:

7. Greenberg, P., et al. International scoring system for evaluating prognosis in myelodysplastic syndromes. Blood, The Journal of the American Society of Hematology, 1997. 89(6): p. 2079-2088.
11. Bernard E., et al. Molecular International Prognostic Scoring System for Myelodysplastic Syndromes. NEJM Evid.
2022;1(7).
24. Schanz, J., et al. New comprehensive cytogenetic scoring system for primary myelodysplastic syndromes (MDS) and oligoblastic acute myeloid leukemia after MDS derived from an international database merge. Journal of Clinical Oncology, 2012. 30(8): p. 820.